Tabus begünstigen Gewalt
Während SToP Partnergewalt vorbeugend arbeitet, sind andere Einrichtungen beratend tätig und spezialisieren sich dabei auf bestimmte Formen von Gewalt, wie etwa die Frauenberatung Notruf bei sexueller Gewalt in der Rötzergasse 13. Katharina Wegan hat mit der Leiterin der Beratungsstelle, Ursula Kussyk, gesprochen und das Gespräch zusammengefasst.
Katharina Wegan im Gespräch mit Ursula Kussyk
Warum braucht es eine Spezialberatung zu sexueller Gewalt?
In Krisensituationen stehen oft andere Gewalterfahrungen oder Probleme wie z.B. die Wohnungssuche im Vordergrund. Erfahrungen von sexueller Gewalt drängen sich dann erst später auf. Tabus und Scham über das Thema Sexualität zu sprechen fördern zusätzlich das Schweigen darüber. Damit es nicht untergeht, bedarf es dieses „labels“.
Seit wann gibt es die Frauenberatung?
Eingerichtet wurde die „Frauenberatung Notruf bei sexueller Gewalt“ in den 1980er Jahren, um Frauen* einen Schutzraum zu bieten, in dem sie sich Hilfe bei sexueller Gewalt, aber auch Unterstützung bei Fragen zum Thema Sexualität holen können. Mittlerweile steht der Raum auch inter- und transsexuellen Personen offen.
Wie kommt eine von sexueller Gewalt betroffene Frau* zu Ihnen?
Viele erfahren über andere Gewaltschutz-Einrichtungen oder Gynäkolog:innen von der Frauenberatung in der Rötzergasse 13. Andere finden sie über die Website, wo alle Informationen verständlich und z.T. in leichter Sprache aufbereitet sind.
Welche Angebote können Klient:innen in Anspruch nehmen?
Es gibt Beratung für Frauen* und Mädchen* ab 16 Jahren, die eine Form von sexueller Gewalt erlebt haben, und für ihnen nahestehende Personen. Ein wichtiger Teil ist zudem die Prozessbegleitung und die psychosoziale Beratung, um Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Manche nehmen auch eine längere Beratung zu sexueller Gesundheit und anderen Themen ihre Sexualität betreffend in Anspruch (z.B. zur sexuellen Identität oder Orientierung).
Wo liegen die größten Herausforderungen in der Beratung?
Die schwierigsten Situationen erleben von Gewalt betroffene Frauen* im Rahmen des Gerichtsprozesses. Darum ist eine professionelle Prozessbegleitung extrem wichtig. Hier bereiten die Berater:innen die Frauen* auf den Prozess, die Abläufe vor Gericht etc. vor und schützen sie vor Re-Traumatisierungen. Heikel wird es, wenn Täter Tatsachen verdrehen oder keine Beweise vorgelegt werden können. Denn z.B. bei Vergewaltigungen bleiben nur selten sichtbare Wunden zurück. Darum werden auch so häufig Gerichtsverfahren aus Mangel an Beweisen eingestellt.
Wie halten Sie diese doch düster scheinende Arbeit aus?
Die Arbeit ist sehr vielfältig, weil die Klient:innen aus allen sozialen, ökonomischen, beruflichen, ethnischen und religiösen Gruppen kommen. Jede* hat ihre eigene Strategie mit sexueller Gewalt im Speziellen und Sexualität im Allgemeinen umzugehen. „Das Schönste ist, wenn eine Frau sagt: ‚Danke, ich brauche Sie nicht mehr.‘“